Als Trauer bezeichnet man den Zustand, den ein Mensch (manchmal auch Tiere) durchlaufen, wenn sie jemanden oder etwas für sie Wichtiges verlieren. Das ist in jedem Fall bei einem Todesfall so kann aber auch beim Verlust einer Partnerschaft (Trennung, Liebeskummer), dem Verlust des lebenserfüllenden Jobs oder auch des geliebten Tieres als Lebensbegleiter sein. Trauer ist die Ansammlung verschiedenster Gefühle und Gemütszustände die sich anbahnen und die trauernde Person meist völlig unvorbereitet treffen. Viele Trauernde beschreiben die Trauermomente als „Wellen“ über sie hereinbrechen und sie mitreißen. Trauer ist eine gesunde psychohygienische Reaktion auf einen schweren Verlust.
Im ersten Moment, also nach der Mitteilung des Verlusts, schaltet die Seele erst einmal in eine Art Autopilot. Das ist gut und sinnvoll, denn so schützt sie uns vor Schmerzen, die wir nicht im Stande wären auszuhalten. Bei einer Todesnachricht beispielsweise brechen dann auch erstmal viele organisatorische Fragen auf, die abgearbeitet werden müssen. Da hat Trauer erst einmal keinen Platz. Man funktioniert. Viele Betroffene beschreiben es „wie einen Film“, der abläuft und man kann sich vielleicht auch nicht an alle Einzelheiten erinnern.
Hier beginnt der Trauerweg. Es ist unbekanntes Terrain, bei dem es wichtig ist, sich Trittsteine zu setzen. Punkte, die einen sicheren Halt geben, in ansonsten unwegsamen Gelände.
Erste Trittsteine können sein, genau in dieser ersten Zeit, Erinnerungen zu schaffen. Eine Verabschiedungsfeier oder Lebensfeier zu planen, die zur verstorbenen Person passt, den Tod begreifen, indem man nochmal die Haare des geliebten Menschen kämmt, die Hände eincremt oder den Sarg / die Urne gestaltet, Handabdrücke macht (ja, auch von Erwachsenen geht das). Da man selbst in diesem „Tunnel“ ist, ist hier ein guter Bestatter oder Bestatterin und / oder eine Trauerbegleitung schon sinnvoll, die genau diese Ideen haben und das alles vorschlagen und auch möglich machen können. Diese Erlebnisse können auf dem Trauerweg, der kommen wird, unendlich tragen und kraftvoll sein.
Trauer kann nicht, wie früher oft vermittelt, in Stufen[1] eingeteilt werden. Dieses Modell machten immer den Eindruck, dass man diese, eine nach der anderen nur durchschreiten müsste und dann käme man durch. Am Ende dieser Phasen ist man durch die Trauer durch und es wäre abgehakt.
Mittlerweile geht man von einem Prozess oder von Aufgaben aus, die immer wieder durchlebt oder bearbeitet werden. Hierfür gibt es auch verschiedene Trauermodelle. In meiner Praxis arbeite ich mit den grundlegenden Erkenntnissen von J. William Worden[2] und darauf aufbauend mit dem Modell von Chris Paul, dass sie Trauerkaleidoskop[3] nennt. Auch das Trauermodell von Mechthild Schroeter-Rupieper[4] sei an dieser Stelle erwähnt, welches auf beiden Modellen aufbaut und vielleicht noch einen Schritt weiter geht.
Chris Paul hat mit ihrem Trauermodell die Idee, dass es verschiedene Facetten der Trauer gibt, die sich wie in einem Kaleidoskop immer wieder neu sortieren. Auch Facetten, bei denen man denkt, dass sie bereits „durch“ sind, können je nach Situation wieder in den Vordergrund treten. Sie benennt folgende Facetten:
- Überleben
- Wirklichkeit
- Gefühle
- Sich anpassen
- Verbunden bleiben
- Einordnen
Hier (Link) kann man noch mehr über das Trauerkaleidoskop von Chris Paul nachlesen.
Trauer ist ein Prozess, den der Mensch nicht umgehen kann. Es ist möglich die Trauer „wegzudrücken“ und sich vermeintlich davor zu schützen. Wir wissen aber, dass sich die Trauer auf jeden Fall einen Weg sucht, um gespürt zu werden. Das können nach Jahren des erfolgreichen „Wegdrückens“ auch körperliche Symptome wie z. B. Magengeschwüre, Schlaflosigkeit, Unruhezustände bis hin zu depressiven Phasen sein. Oft werden diese Beschwerden nicht mit einem unbearbeiteten Trauerthema in Verbindung gebracht. Die gute Nachricht: eine gute Trauerbegleitung funktioniert auch, wenn man sie sich später gönnt und die Trauer dann bearbeitet. Den Trauerweg gehen ist zu keinem Zeitpunkt einfach. Man würde sich unter Umständen aber viel Leid ersparen, wenn man ihn gleich geht. Trauer selbst ist keine Krankheit aber unbearbeitet und nicht ausgelebt kann sie krank machen.
In der Praxis ist es oftmals so, dass Klient:innen mit einem Trauerthema kommen bei dem sie sich wundern, dass dieser erlebte Verlust sie so dermaßen aus der Bahn wirft, dass sie allein nicht damit zurechtkommen. Dann zeigt sich häufig, dass es bereits in der Vergangenheit einen Verlust gab, der nicht betrauert wurde oder betrauert werden konnte. Dieses „alte“ Thema setzt sich einfach huckepack auf das Aktuelle, denn es ist noch da.
Fazit: Trauer wird auf jeden Menschen zukommen, der liebt. Denn Trauer ist der Preis, den wir zahlen, wenn wir lieben und diese Liebe verlieren. Wodurch auch immer. Meist reicht es aus, sich gut um sich zu kümmern und sich mit für einen selbst wertvollen Menschen zu umgeben. Manchmal reicht das aber nicht aus. Dann kann eine professionelle Trauerbegleitung sinnvoll sein.
[1] Vgl. 5-Stufen Modell von Elisabeth Kübler-Ross (https://gedankenwelt.de/das-kuebler-ross-modell-fuer-die-fuenf-stufen-der-trauer/)
[2] J. William Worden – Beratung und Therapie in Trauerfällen (ein Handbuch) Hogrefe Verlag – Schweiz
[3] Chris Paul, Trauerkaleidoskop www.trauerkaleidoskop.de
[4] Mechthild Schroeter-Rupieper: Lavia Lebens- und Trauermodell https://familientrauerbegleitung.de/lavia-trauermodell